Stilsicherheit und jugendlicher Esprit

Volksstimme Halberstadt vom 22.01.2016

Trio Adorno gestaltete „Stunde der Musik“ lm Halberstädter Rathaus: Erstmals präsentierte sich den Konzerthörern im Rahmen der Internationalen Kammermusikreihe „Stunde der Musik“ das aus Hamburg kommende Trio Adorno mit Lion Hinnrichs (Klavier), Christoph Callies (Violine) und Samuel Selle (Violoncello) im Rathaus Halberstadt. Der Name des Ensembles leitet sich von dem Musikwissenschaftler und Philosophen Theodor W. Adorno ab, der unter anderem Thomas Mann in musikalischen Fragen beriet. 

Von Hans-Ulrich Sauer

Mit ihrer Ausstrahlung und einem mitreißend-packenden Spiel, welches sich unmittelbar auf das Publikum übertrug, erklangen Joseph Haydns Trio E-Dur (Hob. xV:29), Maurice Ravels Trio a-Moll und Antonin Dvoráks Dumky-Trio in e-Moll op. 90. Es sind Kompositionen, die hinsichtlich ihrer Entstehungsgeschichte durch Einflüsse der Volksmusik geprägt worden sind. Programmatisch betrachtet, spannte sich so vom Werk Haydns über Ravel zu Dvorák ein gewaltiger Bogen, der erst einmal beherrscht werden muss. So fiel den Zuhörern im 1. und 2. Satz des einleitenden Werkes von Joseph Haydn eine eher untypische harmonische Sprache auf. In der Tat erklang ein Spätwerk des Altmeisters; das E-Dur-Trio, statt des im Programm angekündigten F-Dur. So ließ hier die Sprache des Wiener Klassikers bei manchem Zuhörer bezüglich der Hörgewohnheiten ein etwas anderes Haydnbild entstehen. Sah der Altmeister die Entwicklung nach seiner Zeit schon voraus?

Jedenfalls besaß das Ensemble ein hohes Maß an musikalischer Intelligenz, die Darbietung stilistisch so unterschiedlicher Werke unter einen gestalterischen Bogen zu bekommen. 

Höhepunkt war für mich die Interpretation des Werkes von Ravel: Beeindruckend die bewusst gestalteten Orgelpunkte, um so das tonale Verhältnis der Tonarten zu demonstrieren. Wunderschön herausgearbeitet waren die impressionistisch geprägten Klangfarben. Bedingt durch die jeweilige Komposition in dem Pianisten eine gewisse Führungsposition eigen. Hier überzeugte Lion Hinnrichs in allen Werken. Es war schon echte Arbeit, wie er dem Ensemble Zusammenhalt gab. Da gefiel Christoph Callies mit bildschönen Tönen voller Klangsinnlichkeit auf seiner Violine. Mit großer Wärmer hörte man das Cello von Samuel Selle. Hervorragend war die Bewältigung des dicht gearbeiteten Geflechts der Stimmen, dessen Ausführung hohe Ansprüche stellte. 

Dann wurde Dvoráks Dumky-Trio zu einem echten Rausschmeißer. Jeder der sechs Dumkys (ukrainischer Volkstanz) besteht aus einem langsamen und einem schnellen Teil, wobei der langsame attaca in den schnellen übergeht. Die Charakterisierungskunst Dvoráks ist hier humorvoll, dass ich auf eine Beschreibung verzichten möchte. Den drei Künstlern gelang eine sehr gekonnte, und den Kompositionen gerecht werdende, virtuose Interpretation, die von den Zuhörern mit lang anhaltendem Beifall und einem Mozart Trio Satz aus KV502 als Zugabe, begeisterte Aufnahme fand. 

Diesem Ensemble würde ich gern wieder begegnen.