Weltstar mit langem Atem

Volksstimme vom 31.01.2017

Albrecht Mayer zu Gast bei der „Stunde der Musik“ in Halberstadt: Die sonntägliche Konzertreihe „Stunde der Musik“ im Rathaus Halberstadt erlebt in dieser Saison wahre Highlights mit Solisten der Berliner Philharmoniker. Vorgestern war Albrecht Mayer zu Gast, der Weltstar-Oboist. Begleitet wurde er von dem Pianisten Hartmut Wettges, dem Vorsitzenden des Kammermusikvereins.

Hartmut Wettges und Albrecht Mayer (v.l.)
Hartmut Wettges und Albrecht Mayer (v.l.)

von Hans Walter 

Mayer offerierte ein hochkarätiges, vorwiegend mit Werken von italienischen und französischen Meistern des 19. und 20. Jahrhunderts. Mit ganz weichem Klang. Als spazierte er auf Samt. Von Paul Piernè spielte er das Fantasie-Pastorale, von Camille Saint-Saëns die Oboensonate Opus 166, von Francis Poulenc die Sonate à la memoire Serge Prokofieff, von Carlo Yvon die Sonate für Englisch-Horn. Ein gewissermaßen „unerhörtes“ Repertoire, wie es nur selten in Konzerten zu Gehört gebracht wird. Mayer sang und jubilierte auf seinen Instrumenten.

Er dialogisierte mit dem Pianisten Hartmut Wettges und mit dessen Instrument, indem er mit der Oboe in den Resonanzraum einblies. Die Saiten schwangen mit und erzeugten himmlische Klänge von großer Zartheit. Ganz wundervoll. Es waren Momente großer Kantabilität, mit wunderschönen Melodien. Der Poulenc brachte Elegie und Klage zu Gehör, dissonanten Aufschrei und rasendes Tempo. Immer hielt Mayer in grandioser Gedankenarbeit die Sonaten dramaturgisch zusammen. Er machte damit die inneren Zusammenhänge der einzelnen Sätze hör- und erlebbar – eine fantastisch intellektuelle Leistung des Star-Solisten, mit Charme und Wortwitz serviert. 

Höhepunkt war Carlo Yvon (1798 bis 1854) mit der brillanten Sonate für Englisch-Horn und Klavier in f-Moll. Man vermeinte ein bisschen, in der großen romantischen Oper mit Koloraturarien von Bellini oder Weber zu sitzen, oder im Konzertsaal bei Liszt. Eine hervorragende Imagination durch Mayer und Wettges. 

Nebenbei: Auch das Umblättern der Klaviernoten geschah hochkarätig – durch Kirchenmusikdirektor Prof. Hans-Jürgen Teutschbein. Als Bindeglied zwischen den Oboentiteln performte Hartmut Wettges als Benefiz des Kammermusikvereins-Vorsitzenden zwei große Werke der Romantik. Mit Felix Mendelssohn-Bartholdys „Variations sérieuses“ Opus 54 und dem „Impromptu As-Dur“ Opus 90 von Franz Schubert brachte er schöne zusätzliche Farben ins Programm. 

Die stehenden Ovationen für Mayer und Wettges dauerten minutenlang. Also Zugaben. Von Reynaldo Hahn, einem seinerzeit sehr bekannten französischen Komponisten mit jüdischen Wurzeln (1874-1947), hatte der Solo-Oboist ein Liebes-Chanson ausgegraben – ganz innig, schlicht und ergreifend. Zum Abschluss trat er allein mit seinem Englisch-Horn vor die Zuhörer und demonstrierte richtige Atemtechnik, auf dass den Interpreten nicht ein Schlaganfall treffe. Keinem anderen Blasinstrument lassen sich mit einem einzigen Atemzug so lange Soli entlocken, gibt es solchen Luftstau in der Lunge. Danke für diesen Einblick in die schwierige Technik, die im Konzert so unglaublich leicht wirkte. Mit Solisten der Berliner Philharmoniker geht es weiter. Am 12. Februar wird der Cellist Ludwig Quandt in Halberstadt erwartet.