Zen, Querflöte und ganz viel Humor

Volksstimme Halberstadt vom 23.09.2016

Kammermusikreihe „Stunde der Musik“ startet mit Berliner Solisten in die neue Saison: Andreas Blau ist ein Meister seines Fachs. Der Flötist begeisterte das Halberstädter Publikum aber nicht nur mit seinem virtuosen Spiel. 

Von Renate Petrahn

Halberstadt. Dass es ein großer Musikabend werden würde, stand außer Zweifel. Dass es aber auch noch humorvoll zugehen würde, ergänzt durch etwas Nähkästchenplauderei über eines der weltweit führenden Orchester und seine großen Dirigenten, das gab dem ersten Konzert aus der Reihe „Die Solisten des Berliner Philharmonischen Orchesters“ eine zusätzliche Note.

Der vormalige Soloflötist Andreas Blau kennt sein Publikum und weiß, wie er es fesseln kann, natürlich zuerst mit seiner großen Kunst, aber auch durch die Art, wie er auf die Menschen einzugehen versteht, die vor ihm im Konzertsaal sitzen. Bei allem höchst konzentrierten Musizieren, kongenial von Hendrik Heilmann am Klavier begleitet, gibt es im (bis auf einen Platz) ausverkauften Rathaussaal immer Momente, in denen Andreas Blau das Wort an das Publikum richtet. Er führt in die Musikstücke ein, stellt die Komponisten vor. Später singt er bei der vom Publikum erlauchten Zugabe „Hernando's Hideaway“, bevor er den berühmten Tango auf seiner Flöte spielt. 

Im ersten Teil des Konzertes laden Blau und Heilmann zu einer mit leichter Hand ausgewählten Welt- und Zeitenreise ein. Sie führt vor allem in den französisch-österreichisch-ungarischen Raum. Die musikalische Unternehmung beginnt mit der Sonate D-Dur für Flöte und Klavier von Francois Devienne, einem Bewunderer Mozarts. Die Reise, die mehrmals von Bravo-Rufen unterbrochen wird, endet mit der Fantasie brillante für Flöte und Klavier von Francois Borne nach Motiven aus „Carmen“ von Bizet im wahrsten Sinne brillant. 

Als Gegenwartskomponisten stellt Andreas Blau den Japaner Kazuo Fukushima vor, dessen „Mein“ für Flöte Solo ihm Gelegenheit gibt, den musikalisch-kulturellen Hintergrund der Zen-Kultur zu erläutern und durch die ungewöhnliche Tonerzeugung zu demonstrieren, „welche Möglichkeiten die Querflöte hat, sich auf andere Weise als der uns bekannten Tonerzeugung zu äußern“. 

Mit lang anhaltendem Beifall und stehenden Ovationen feiert das Publikum Andreas Blau und Hendrik Heilmann, die dem Wunsch nach Zugaben gern entsprechen und ihre CD „Blue Hour“ vorstellen. Mit raffiniert arrangierten Tonsätzen entführen die Künstler die Zuhörer in die Welt des Tangos und des Sambas. Nach den lateinamerikanischen Ohrwürmern erklingt als letztes Stück des Abends ein getragenes melancholisches norwegisches Lied. 

Nach einer kurzen Pause lädt Hartmut Wettges, der Vorsitzende des Halberstädter Kammermusikvereins, die Besucher zu einem Gespräch mit dem dienstältesten Philharmoniker ein, der 2015 nach 45 Jahren sein Abschiedskonzert gab. Während für die einen Andreas Blau alles mit der Querflöte erzählt hat, interessieren sich die anderen für den musikalischen Lebensweg des Künstlers, die Zeit unter Karajan, Abbado und Simon Rattle und warum als Nachfolger Petrenko kommt sowie die unausbleibliche Frage nach der Chemie zwischen Orchester und Dirigenten. Fragen, auf die Andreas Blau mit Sachkenntnis und Bravour antwortet. 

Als Gast der nächsten „Stunde der Musik“ wird wieder ein Mitglied der Berliner Philharmoniker in Halberstadt erwartet. Thomas Timm, erster Stimmführer der zweiten Violinen des Klangkörpers, wird gemeinsam mit Pianistin Cordelia Höfer am 23. Oktober im Ratssaal konzertieren.