Bravourleistungen im Rathaussaal

Volksstimme Halberstadt vom 29.10.2016

Begeisterndes Konzert mit Thomas Timm und Hyeonjun Jo / Verdienstmedaille für Hans-Ulrich Sauer: Fünf Konzerte mit „Solisten des Berliner Philharmonischen Orchesters“ geben der Stunde der Musik in ihrer 42. Spielzeit einen besonderen Glanz. Thomas Timm (Violine) und Hyeonjun Jo (Klavier), in Vertretung der erkrankten Cordelia Höfer, gestalteten ein brillantes zweites Kammerkonzert.

Thomas Timm und Hyeonjun Jo (v.l.)
Thomas Timm und Hyeonjun Jo (v.l.)

von Renate Petrahn

Dem Halberstädter Publikum ist der Geiger bereits durch Konzerte mit seinem Vater Jürnjacob Timm, ehemaliger 1. Solo-Cellist des Gewandhausorchesters, und seinem Bruder Andreas, stellvertretender Solocellist des Konzerthausorchesters Berlin, bekannt. Anlässlich seiner Abschiedstournee im Jahr 2014 wurde Jürnjakob Timm zum Ehrenmitglied des Halberstädter Kammermusikvereins ernannt. 

Thomas Timm, 1. Stimmführer der 2. Violinen des Berliner Spitzenorchesters, kam mit einem extravaganten Programm nach Halberstadt: Beethoven versus Ernest Chausson und Maurice Ravel. Mit der äußerst filigranen Wiedergabe der „12 Variationen über die Arie ,Se vuol ballare'“ aus „Figaros Hochzeit“, das den Reichtum Beethovenscher Variationskunst aufs Schönste widerspiegelt, stimmten die beiden Musiker auf ein besonderes Konzert ein: die Kreutzer-Sonate A-Dur op. 47.

Während in der Literatur die Musik Beethovens mörderische Konsequenzen hat – man denke an die „Kreutzersonate“ von Tolstoi oder die „Die Physiker“ von Dürrenmatt – , zeigte sie im Rathaussaal hingegen eine durchaus belebende Wirkung. Timm, der unter anderem bei Zakhar Bron, „dem großen Virtuosenmacher in der Geigenwelt“, studiert hat, zog bei diesem Stück alle Register seines Könnens. Vom zartesten Piano bis zum kräftigen Forte überzeugte der Geiger mit hoher Virtuosität bei den für Beethoven typischen Rhythmusverschiebungen. Vor allem bei der Wiedergabe dieses Stückes bewies Hyeonjun Jo, dass er ein ebenbürtiger Partner von Thomas Timm ist, denn auch für das Klavier erfordert die Sonate höchste Virtuosität, die über das übliche Maß der Kammermusik weit hinausgeht.

Nach der Pause präsentierten beide Künstler in einem eher entspannten zweiten Teil Musik von Ernest Chausson und Maurice Ravel. Zunächst erklang das von Turgenjew inspirierte Bravourstück „Poème de l'amour triomphant“ von Ernest Chausson. Der Gefahr, diesen Klassiker der Violinliteratur als „Schmachtfetzen“ zu präsentieren, ging Timm durch sein zurückhaltendes Spiel und dem nicht übertriebenen Vibrato aus dem Weg. Hyeonjun Jo wusste als sensibler Begleiter am Klavier abwechslungsreich zu artikulieren und zu phrasieren.

Mit Maurice Ravels Sonate in G-Dur spielte Timm auf seiner Stradivari Musik vom Beginn der Moderne vom Feinsten. Im Mittelsatz ,Blues' imitierte er auf brillante Weise den Klang von Banjo und Saxophon. Ganz zu schweigen vom letzten Satz. Der letzte Satz „Perpetuum Mobile“ kam mit kreisenden Figuren in rasantem Tempo daher. An diese Bravourleistung schloss sich als Zugabe die Romanze von Joseph Joachim an.

Das Publikum im Halberstädter Rathaussaal dankte beiden Künstlern mit lang anhaltendem Beifall und Bravo-Rufen für diesen einzigartigen Abend. Am Rande des Konzerts gab es eine (nicht) überraschende Ehrung für Ulrich Sauer. Er erhält die Verdienstmedaille der Bundesrepublik. Ministerpräsident Reiner Haseloff wird sie dem verdienten Halberstädter im November übergeben. informierte Hartmut Wettges. Eine Nachricht, die vom Publikum mit großer Zustimmung entgegengenommen wurde. Viele Konzertbesucher gratulierten Sauer sofort an Ort und Stelle für die verdiente Auszeichnung.