Glanzstücke der Celloliteratur

Volksstimme Halberstadt vom 16.02.2017

Halberstadt. Virtuosität nie als Selbstzweck, spieltechnische Perfektion, traumhafte Klangkultur eines „singenden“ Cellos plus brillanter Klavierbegleitung – das waren die Ingredenzien für einen ungemein schlüssigen und durchdachten Kammermusikabend im Halberstädter Rathaus.

Markus Becker und Ludwig Quandt (v.l.)
Markus Becker und Ludwig Quandt (v.l.)

von Renate Petrahn

Im Rahmen der Reihe „Die Solisten des Berliner Philharmonischen Orchesters“ des Halberstädter Kammermusikvereins gastierte Ludwig Quandt. Der erste Solo-Cellist der Berliner Philharmoniker wurde kongenial von Markus Becker am Klavier begleitet. 

Das bestens aufeinander eingespielte Duo – ungeachtet der starken Präsenz von Markus Becker – da hätte man sich gelegentlich einen Hauch mehr Zurückhaltung gewünscht – brachte Glanzstücke deutscher und russischer Celloliteratur zu Gehör. 

Mit dem Adagio und Allegro op.70, ursprünglich für Horn und Klavier geschrieben, und den fünf Stücken im Volkston, op. 102 von Robert Schumann hatte Quandt Werke aus dem cellistischen Standard - Repertoire ausgewählt. Stücke, mit denen der sensible Künstler demonstrierte, wie „sehr er nach innen spielt“ und wie sein gut 340 Jahre als Instrument von Francesco Ruggieri aus Cremona die wunderbaren Kantilenen des dritten Stücks im Volkston zu singen weiß. Kompromisslos und mit viel Ausdruck musizierten Quandt und Becker die D-Dur Sonate für Violoncello und Klavier op. 102/2 von Ludwig van Beethoven. Vor allem bei dem berühmten zweiten Satz „Adagio con molto sentimento d'affetto“ erfüllten die Musiker die Erwartungen der Zuhörer aufs Schönste. Nach der Pause ging es weiter mit der d-Moll Sonate für Violoncello und Klavier op. 40 von Schostakowitsch, ein beliebter Klassiker bei Musikern wie Zuhörern und eines der ausdrucksvollsten „singenden“ Stücke für das Cello. Nach der brillant-dynamischen Wiedergabe dieser in ihrer „Doppelbödigkeit“ vielschichtigen Sonate gab es dann doch noch Standing Ovations, nachdem während des Konzerts bereits vereinzelt Bravorufe zu hören waren. Als Zugabe spielten Quandt („Wir bleiben noch bei Mütterchen Russland“) und Becker den 3. Satz der Cellosonate g-Moll op. 19 von Rachmaninov. Und wer bislang „nur“ das Klavierkonzert Nr. 2 des Komponisten auf seiner privaten Hit-Liste hatte, der wird mit Sicherheit die Cellosonate op. 19 hinzufügen, zumindest den sehr emotionalen 3. Satz, das Andante.

Der Dritte im Bunde der agierenden Künstler war Hartmut Wettges. Der Vorsitzende des Halberstädter Kammermusikvereins assistierte Markus Becker und drehte die Notenblätter um. Eine Unterstützung, die Wettges bei dem vorherigen Konzert mit dem Oboisten Albrecht Mayer von Klaus-Jürgen Teutschbein gegeben wurde. Und es war auch Hans-Jürgen Teutschbein, der vor Beginn des Konzerts mit Quandt und Becker das Publikum zu einem herzlichen Sonderbeifall für die reife pianistische Leistung des Kammermusikvereinsvorsitzenden einlud. Ein Beifall, der mit warmen Herzen gegeben wurde.